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Venezuela - Was spricht für den Einsatz des US-Militärs - und was dagegen? Exklusiv für Abonnenten Venezuelas Interimspräsident Juan Guaidó sucht Unterstützung in seinem Kampf gegen Präsident Maduro. Könnte die Panama-Invasion 1989 Vorbild für eine militärische Intervention der Amerikaner sein? Von Jens Glüsing, Christoph Scheuermann 01. März 2019

Die Fotos, die US-Senator Marco Rubio Ende vergangener Woche twitterte, bedurften keines Kommentars: Auf einem sah man Panamas damaligen Diktator Manuel Noriega, wie er eine Machete schwingt. Das zweite Bild zeigt ihn nach seiner Auslieferung in einem Gefängnis in Miami. So, das war die unausgesprochene Botschaft, soll auch Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro enden: vor einem US-Gericht.

Noriega war im Dezember 1989 durch eine Militärintervention der Amerikaner gestürzt und später in die USA gebracht worden, wo er wegen Drogenhandel verurteilt wurde. Bei der "Operation Just Cause" ("Gerechte Sache"), wie die Militäraktion genannt wurde, kamen nach offiziellen Quellen 516 Menschen ums Leben, Menschenrechtsgruppen beziffern die Zahl der Toten auf 1000 bis 4000.

Trotzdem galt die Luftlande-Operation mit mehr als 20 000 US-Soldaten als Erfolg. Auf amerikanischer Seite gab es 23 Gefallene. "Just Cause" dauerte nur wenige Wochen und setzte einem Schreckensregime ein Ende, das für den Tod von Hunderten Regimegegnern verantwortlich war.

Könnte die Panama-Invasion nun also Vorbild für eine militärische Intervention der Amerikaner in Venezuela sein?

Gut fünf Wochen nachdem Juan Guaidó sich unter Berufung auf die Verfassung zum Interimspräsidenten erklärt hat, ist der Machtkampf zwischen Präsident Nicolás Maduro und ihm zu einer internationalen Krise geworden.

Diese Ausweitung haben Maduros Gegner selbst befeuert: Sie hatten darauf gesetzt, dass es Guaidó am vergangenen Samstag mithilfe der USA und befreundeter lateinamerikanischer Staaten gelingen würde, humanitäre Hilfe ins Land zu bringen. Der Übergangspräsident hatte die Grenzsoldaten aufgerufen, gegen Maduros Befehl die Hilfsgüter ins Land zu lassen.

Zuvor war er auf geheimen Wegen nach Kolumbien gereist; die venezolanische Justiz hatte ihm die Ausreise untersagt. Guaidós Plan aber, triumphierend auf einem Lastwagen voller Hilfsgüter in die Heimat zurückzukehren, ging nicht auf.

Nur einige Hundert Soldaten liefen zu ihm über, zwei Lastwagen gingen in Flammen auf, an der Grenze zu Brasilien gab es Tote. Nun hoffen die Maduro-Gegner, dass Trump ihnen mit einer militärischen Intervention zu Hilfe kommt.

"Alle Optionen sind offen", twitterte Guaidó nach der gescheiterten Hilfsmission. "Die schweren Verbrechen, die heute von dem Maduro-Regime begangen wurden, haben die Tür für verschiedene potenzielle multilaterale Aktionen geöffnet, die vor 24 Stunden noch nicht auf dem Tisch lagen", erklärte auch Marco Rubio. Der kubanischstämmige Senator aus Florida gilt als einflussreichster Berater des US-Präsidenten in der Venezuelakrise.

Trumps harte Linie gegen Maduro hat mehrere Gründe. Erstens hofft er wohl, sich bei den Exilvenezolanern für die Präsidentschaftswahl 2020 profilieren zu können. Zweitens sieht er das Land als Beispiel eines gescheiterten Sozialismus – das nützt ihm im innenpolitischen Kampf gegen die Demokraten, denen er vorwirft, in den USA den Sozialismus durch die Hintertür einführen zu wollen.

Außerdem erhofft sich die Regierung in Washington lukrative Öldeals in Venezuela. Die Ölinfrastruktur ist dringend reparaturbedürftig; sie wäre ein riesiger Markt für US-Konzerne, sollte Maduro abtreten.

Bislang sind militärische Drohungen aus Washington aber vor allem ein rhetorisches Mittel im Kampf gegen das Maduro-Regime. Vizepräsident Mike Pence habe Guaidó erklärt, dass Trump auf eine friedliche Lösung setze, berichtete der "Miami Herald" am Montag. "Wir werden Maduro weiter wirtschaftlich und politisch isolieren, bis die Demokratie wiederhergestellt ist", zitiert ihn die Zeitung.

Ein Militärschlag könnte den Konflikt ausweiten. Denn neben den USA sind auch Russland, China und die Türkei in Venezuela engagiert. Washington suche einen "künstlichen Vorwand" für ein militärisches Vorgehen, warnte der russische Außenminister Sergej Lawrow.

Russische Unternehmen fördern in Venezuela Öl und Gas. Moskau ist auch militärisch involviert: Präsident Wladimir Putin hat Maduro und dessen Vorgänger Hugo Chávez mit Gewehren, Raketen, Flugzeugen und Hubschraubern beliefert. Putin sieht in Venezuela einen strategischen Brückenkopf, um seinen Einflussbereich in Lateinamerika auszudehnen.

China ist vor allem an den Rohstoffen des Landes interessiert. Peking hat dem Regime in Caracas Kredite in Milliardenhöhe gewährt. Die Chinesen fürchten, dass sie ihr Geld abschreiben müssten, wenn Maduro stürzt. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan sieht Maduro als Verbündeten im Kampf um eine Führungsrolle in einer multipolaren Welt.

Die Frage ist nur: Würden diese Verbündeten Maduro auch im Fall einer Intervention der USA zur Seite stehen? Russland würde wegen Venezuela kaum einen offenen Konflikt mit Washington riskieren. Und China hat bereits diskret Kontakte zu Guaidó geknüpft, bei einer Intervention würde es wohl neutral bleiben.

Auch die Lima-Gruppe, der die größten Staaten Lateinamerikas und Kanada angehören, lehnt eine Militärintervention ab. Nur Kuba hat militärische Unterstützung versprochen. Das Sozialistenregime in Havanna ist Maduros engster Verbündeter.

Interimspräsident Guaidó umwirbt daher nun Trumps wichtigste Partner in der Region: Brasiliens rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro und Kolumbiens konservativen Staatschef Iván Duque. Am Donnerstag flog er nach Brasília, um Bolsonaro zu treffen. Brasilien werde Venezuela "innerhalb unserer Verfassung und unserer Traditionen" helfen, sagte Bolsonaro, was wohl eher heißt, dass er sich an einer Militäraktion nicht beteiligen würde.

Eine Intervention der USA könnte zu Konflikten oder sogar einem Krieg mit dem Nachbarn Kolumbien führen: Die Guerilla ELN unterstützt Maduro und nutzt Venezuela als Rückzugsgebiet. Sie würde dem Regime vermutlich mit Attentaten in Kolumbien helfen.

Dessen Streitkräfte werden von den USA beraten und mit Waffen beliefert, Bogotá ist Washingtons wichtigster militärischer Verbündeter in der Region. Inzwischen hat Maduro die diplomatischen Beziehungen zu Kolumbien abgebrochen; er wirft der Regierung in Bogotá vor, sie diene Washington als Handlanger für eine militärische Invasion. Kolumbien leidet bisher am stärksten unter dem Konflikt im Nachbarland. Es hat die meisten der mehr als drei Millionen Flüchtlinge aus Venezuela aufgenommen. Als die Grenze geschlossen wurde, brach der Handel in den Anrainerorten zusammen. Politisch profitiert Präsident Duque vom Venezuelakonflikt: Seine Umfragewerte sind gestiegen, eine militärische Intervention könnte dagegen die gesamte Region destabilisieren.

"Venezuela ist in vieler Hinsicht ein gescheiterter Staat", schrieb der Militärexperte Francisco Toro in der "Washington Post". Große Teile des Landes würden von paramilitärischen Gruppen kontrolliert, die sich einer vagen marxistischen Ideologie verschrieben hätten und mit der Regierung verbündet seien. Wenn aber US-Truppen die offiziellen Streitkräfte zerstörten, so Toro, würde dies "den einzigen Akteur entfernen, der eventuell in der Lage wäre, die Kontrolle über das Land zurückzugewinnen, und es stattdessen einer wilden Vielfalt krimineller Gangs ausliefern". Die Folge wäre ein "Libyen in der Karibik".

Maduros Amtsvorgänger Chávez hatte die Verteidigung auf einen solchen asymmetrischen Konflikt nach kubanischem Vorbild ausgerichtet: Er bewaffnete Zehntausende Zivilisten. Ein Guerillakrieg könnte sich so über Monate oder Jahre hinziehen.

Dabei wären die Streitkräfte kaum ein Hindernis für die Amerikaner: Die meisten Soldaten leiden unter der Versorgungskrise. An den militärischen Kontrollpunkten bitten Polizisten und Soldaten Autofahrer um Mitfahrgelegenheiten, weil sie kein Benzin haben. Kein Armeehubschrauber sei einsatzbereit, versichert ein Ex-General in Caracas.

Die Drohung mit dem Militäreinsatz könnte helfen, die Generäle zum Putsch gegen Maduro zu bewegen, glaubt Militärexperte Toro. Nur dürfe sie nicht wahr werden, sonst würde das Land im Chaos versinken: "Was wir brauchen, ist ein Bluff", so Toro. Ein Militäreinsatz würde "in einem Desaster enden".

Die US-Regierung setzt daher vorerst auf eine Verschärfung der wirtschaftlichen Sanktionen, die sie vor allem gegen den staatlichen Ölkonzern PDVSA erlassen hat. Der Ölexport ist die wichtigste Quelle für Devisen. Von einem Boykott aber wäre auch die Zivilbevölkerung betroffen: Das Regime könnte weniger Grundnahrungsmittel und Medikamente importieren.

Interimspräsident Guaidó hat offenbar vor, erneut eine Machtprobe mit Maduro zu provozieren: Er kündigte an, über den internationalen Flughafen von Caracas nach Venezuela zurückzukehren, obwohl Maduro ihm mit Verhaftung droht.

"Die Opposition setzt darauf, dass Guaidó festgenommen wird", sagt der venezolanische Militärexperte Paul Torello. "Das würde einen Vorwand für eine internationale Aktion liefern". Ein enger Berater Trumps bestätigte: Wenn Guaidó etwas geschähe, wäre dies "eine der letzten Entscheidungen Maduros".

[–]muellermeierschulz 1 insightful - 1 fun1 insightful - 0 fun2 insightful - 1 fun -  (0 children)

Ist das schon (wieder) Framing? "Einsatz von US-Militär" hört sich ziemlich positiv an, so nach "Weltpolizist sorgt für Ordnung". Man hätte die Überschrift auch so formulieren können: "Sollen die USA sich einmal mehr über das Völkerrecht hinweg setzen und ihre Marionette Guaidó mittels gewaltsamen Regime-Change installieren oder nicht?"

Wie wäre es mit einer Überschrift "Sind die US-Sanktionen für die Menschen in Venezuela hilfreich oder schädlich?"

Via Sputnik: "USA-Sanktionen

Im Jahr 2015 erließ Barack Obama ein Dekret, das Venezuela zu einer „ungewöhnlichen und außerordentlichen Bedrohung für die nationale Sicherheit und Außenpolitik der Vereinigten Staaten“ erklärte. Dieses Dekret ist notwendig, um Wirtschaftssanktionen durchzusetzen. Die Sanktionen bedeuten nicht nur, dass amerikanische Unternehmen und Einzelpersonen keine Geschäfte mit Venezuela machen dürfen. Jedes Land, das wirtschaftliche Transaktionen mit Venezuela durchführt, wird ebenfalls mit Sanktionen belegt. Wegen der Sanktionen sitzt Venezuela nun auf dem Öl, welches es nicht verkaufen kann. Maduro versuchte diesen Sanktionen mit der Einführung der Kryptowährung "Petro" entgegenzuwirken, die durch die Erdölreserven Venezuelas gedeckt wird. Da es durch die Sanktionen aber selbst Einzelpersonen verboten ist, Geld nach Venezuela zu schicken, hat der "Petro" wenig Aussicht auf Erfolg. Für die Journalistin Margaret Kimberley sind die US-Sanktionen „verantwortlich für die Misere Venezuelas“: „Sanktionen sind Krieg mit anderen Mitteln, für die meisten Augen unsichtbar.“ Auch die Tatsache, dass Venezuela mittlerweile von „rechten und proamerikanischen Regierungen in Brasilien, Kolumbien und Ecuador umgeben ist“ macht die Situation für Maduro nicht leichter.

Staatsbankrott droht

Bei einem Staatsbankrott Venezuelas könnten die großteils amerikanischen Gläubiger die venezolanischen Vermögen beschlagnahmen, wie kürzlich ein US-Bundesrichter entschied. Wegen der US-Sanktionen konnte sich Venezuela auf den Finanzmärkten kein neues Geld leihen und ist daher nicht in der Lage seine Auslandsschulden neu zu verhandeln. Nun hat aber Russland der venezolanischen Regierung einen Milliardenkredit gewährt, wodurch sich die Gangart der USA weiter verschärfen könnte.

„Für die USA gilt nach wie vor die Monroe-Doktrin: Sie besagt verkürzt, dass Amerika den Amerikanern gehöre. Aus Sicht Washingtons haben die Russen auf den beiden amerikanischen Kontinenten also nichts zu suchen“, erklärt der Schweizer Auslandskorrespondent Ulrich Achermann.

Die USA drehen daher weiter an der Eskalationsschraube und planen ein Ölembargo gegen Venezuela zu verhängen. Dieser Schritt würde sich vermutlich auf 500 000 Barrel pro Tag an Rohöl konzentrieren, was die endgültige Zahlungsunfähigkeit von Venezuela auslösen könnte."