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[–]tansim[S] 3 insightful - 1 fun3 insightful - 0 fun4 insightful - 1 fun -  (3 children)

ZEIT: Es müsste doch auffallen, wenn sich Islamisten in Österreich außerhalb der religiösen Sphäre irgendwo einschleusen?

Heinisch: Sie sagen ja nicht offen: Ich verfolge eine islamistische Agenda. Sie engagieren sich auf lokaler oder nationaler Ebene und verfolgen parallel dazu ihre religiös-politischen Ziele. Politische Parteien wiederum wollen mit Migranten gesellschaftliche Diversität abbilden und neue Wählerschichten erschließen. Nehmen Sie zum Beispiel die Brüder Arikan in Oberösterreich, die beide in der islamistischen Saadet Partisi der Millî-Görüş-Bewegung aktiv sind. Einer hat sich über Jahre in der SPÖ engagiert, der andere in der ÖVP, bis sie nach Zeitungsberichten beide ausgeschlossen wurden. Zugleich setzen Organisationen des politischen Islams auf Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen.

ZEIT: Mit wem?

Scholz: Mit renommierten NGOs. Wer mit Amnesty International oder der Caritas zusammenarbeitet, wertet sein Ansehen auf.

ZEIT: Sie kritisieren Blindheit gerade auch von linker und liberaler Seite. Können Sie dennoch verstehen, dass manche Angst haben, mit Kritik Zündstoff für rechte Agitatoren zu liefern, gar für rechtsextreme Terroristen wie jenen in Christchurch?

Heinisch: Verstehen kann ich das, aber ich halte es für falsch. Von einer Tabuisierung von Problemen profitiert am Ende stets nur der Tabubrecher. Im Bereich Migration und Islam agieren seit Jahren die Parteien der Rechten als Tabubrecher. Gerade dadurch konnten sie pauschalisieren und teilweise auch Hass schüren.

ZEIT: Keine andere Einwanderungsgruppe wird so sehr über Religion definiert wie Muslime. Woher kommt das?

Heinisch: Erst seit 9/11 wird die Debatte von den Begriffen Islam und Muslime dominiert. Islamisten setzten aber schon immer auf eine identitäre Politik, auf das Muslim-Sein als primäre Identität in Abgrenzung zu allen anderen. Das wurde leider zur allgemeinen Sicht auf Einwanderer aus islamischen Ländern und deren Nachkommen. Für die Rechte entstand ein einfach benennbares Feindbild.

ZEIT: Trotz dieses Feindbildes sagen Sie: Es sei wissenschaftlicher Unfug, von Islamophobie zu sprechen. Wieso? Wir reden ja auch von Homophobie oder von Xenophobie.

Heinisch: Der Knackpunkt ist weniger der Begriff, obwohl ich die Kombination mit einem Krankheitsbild für nicht geeignet halte, um soziale Mechanismen zu benennen. Das Problem an diesem Begriff ist, dass mit ihm zwei unterschiedliche Phänomene erfasst werden sollen: die Diskriminierung und Feindschaft gegenüber Muslimen und die Kritik an der Religion.

Scholz: Religionskritik, die wir seit der Aufklärung kennen, wird plötzlich im Zusammenhang mit dem Islam als islamophob verurteilt. Islamistische Organisationen verwenden den Begriff, um Kritik zu verhindern und die Religion an sich unter Schutz zu stellen. Die internationale Organisation für Islamische Zusammenarbeit fordert den Westen auf, Islamophobie – gemeint sind damit abwertende Aussagen gegenüber den Islam – unter Strafe zu stellen.

ZEIT: Wie lässt sich eine Ausbreitung des politischen Islams verhindern? Braucht es eine Art von Wertekursen, wie das die österreichische Regierung bei Flüchtlingen versucht hat?

Scholz: Eine schwierige Frage. Die Demokratie ist keine Umerziehungsanstalt. Man kann Menschen etwas anbieten, aber es wäre eine Illusion zu glauben, alle würden der Strahlkraft von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten erliegen. Manche haben eine andere Vorstellung vom guten und richtigen Leben. Es ist anmaßend, andere Ansichten für bloß vorübergehende Erscheinungen zu halten. Wir müssen Menschen mit ihren Vorstellungen ernst nehmen. Deshalb braucht es auch eine offene Debatte. Und klare politische Ansagen.

ZEIT: Im Sinne von Verboten?

Scholz: Auch das. Es gibt beispielsweise seit 2011 in Deutschland und seit 2016 in Österreich ein Gesetz gegen Zwangsverheiratung. Es beinhaltet auch ein Rückkehrrecht für ins Ausland verheiratete Mädchen und Frauen, das schon vielen geholfen hat. Aber es geht auch darum, Bedingungen klar zu vermitteln: Wir werden nicht Dinge neu verhandeln, die längst ausverhandelt sind, und wir werden Menschenrechte und Gleichberechtigung durchsetzen.

Nina Scholz, Heiko Heinisch: Alles für Allah. Wie der politische Islam unsere Gesellschaft verändert. Molden Verlag 2019, 160 S., 20 Euro

[–]spmasp 2 insightful - 1 fun2 insightful - 0 fun3 insightful - 1 fun -  (2 children)

Warum kopierst du den Artikel hier rein? Er ist doch hinter keinem Paywall versteckt. Willst du verhindern, dass die Zeit für dieses Interview Klickzahlen/Aufmerksamkeit/Werbeeinnahmen bekommt? Wenn ja: warum?

[–]pimmelmafia 1 insightful - 1 fun1 insightful - 0 fun2 insightful - 1 fun -  (1 child)

Du warst doch lange genug auf ede und weisst daher auch ganz genau, dass die Systemmedien sehr, sehr oft Artikel nach einer kurzen gratis Anfangsphase hinter der paywall verstecken. Hatten wir uns auf ede schon angewöhnt deren Artikel in den comments zu posten und sollten wir hier auch so halten.

[–]papiersackratte 2 insightful - 1 fun2 insightful - 0 fun3 insightful - 1 fun -  (0 children)

Wäre im Prinzip egal, wenn man den Artikel auch bei archive.fo abrufen könnte. Bei dem ist es eben nicht der Fall, daher ist eine zweite Kopie hier durchaus praktisch. e: aber ich hätte nichts dagegen so, wie auf ede es zu halten. Sollte halt entweder archive.fo oder der Text in den Kommentaren sein. Aber halt eher als freiwillige Selbstverpflichtung.