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Umgang mit Rechtspopulisten - Der Tag war lang, sie hat Hunger Exklusiv für Abonnenten Warum der Rausschmiss einer AfD-Politikerin aus einem Lokal in München Fragen nach unserem Zusammenleben aufwirft. Von Felix Hutt 08. Februar 2019

Katrin Ebner-Steiner, stellvertretende Vorsitzende der bayerischen AfD, setzt sich dafür ein, dass die "kulturelle Unterwanderung aus islamisch geprägten Ländern gestoppt werden muss. Sonst erkennen wir unsere Heimat bald nicht wieder". Das schreibt sie auf ihrer Homepage. Sie lehnt es ab, dass im Schulunterricht über Homo-, Bi-, Trans- oder Intersexualität gesprochen wird. Sie nennt ihren Freund Björn Höcke einen "Nationalromantiker" und ihren Parteichef Alexander Gauland einen "großen Denker". Ebner-Steiner vertritt politische Positionen, die Gegner ihrer Partei schwierig bis verfassungsfeindlich finden.

Aber darf man sie deswegen aus einem Restaurant werfen? Oder muss man es sogar?

Am Abend des 13. November 2018, einen knappen Monat nachdem die AfD mit 10,2 Prozent viertstärkste Partei bei der bayerischen Landtagswahl geworden ist, will Ebner-Steiner mit einer Begleiterin in München zu Abend essen. Ebner-Steiner ist 40 Jahre alt, sie wohnt in Metten bei Deggendorf. Sie hat blonde Haare, blaue Augen, auf ihrem Facebook-Profilbild zeigt sie sich im Dirndl. Sie ist zum zweiten Mal verheiratet, hat vier Kinder, zwei aus erster Ehe. Sie trägt ein Kreuz an ihrer Halskette, auf der Rückseite ihres iPhones klebt ein Bild der Jungfrau Maria. Ebner-Steiner wurde nach der Wahl Fraktionschefin, sie koordiniert die AfD-Abgeordneten im Landtag. Der Tag war lang, sie hat Hunger.

Ihre Begleiterin schlägt die Goldene Bar vor, ein Restaurant mit einer preisgekrönten Bar im Haus der Kunst. Der neoklassizistische Bau wurde zwischen 1933 und 1937 im Auftrag Adolf Hitlers errichtet. Das Haus der Kunst steht am Englischen Garten, nicht weit vom amerikanischen Konsulat und der Bayerischen Staatskanzlei entfernt. In seinem Unterbau befinden sich die Ausstellung der Sammlung Goetz und die Diskothek P1, am Eisbach nebenan treffen sich Surfer aus der ganzen Welt, um die Eisbachwelle abzureiten.

Die beiden Frauen betreten gegen 19 Uhr das Restaurant. Sie nehmen unter einer goldfarbenen Wandmalerei Platz, die die Champagne abbildet. Sie bestellen Wasser und Tee, als Hauptgang möchte Ebner-Steiner eine Seeforelle mit Ingwer-Gurken. Ein junger Mann nimmt die Bestellung auf. Er ist als Flüchtling nach Deutschland gekommen, er erkennt Ebner-Steiner. Seiner Chefin gibt er zu verstehen, dass er die Politikerin nicht bedienen wird. Er möchte nicht einer Frau, die mit ihrer Politik dafür sorgen will, dass er Deutschland verlassen muss, das Abendessen servieren.

Ein anderer Kellner bringt die Getränke. Eine halbe Stunde vergeht. Ebner-Steiner wundert sich. Statt des Essens kommt schließlich die Besitzerin. Sie erklärt, dass sie keine Vertreter einer rechtspopulistischen Partei dulde, weil sie multikulturelles Personal beschäftige. Sie bittet die beiden Frauen zu gehen. Sie müssten nichts bezahlen. "Und was ist mit dem Parkschein?", fragt Ebner-Steiner. Der Parkplatz des Hauses der Kunst ist kostenpflichtig. Sie hat sechs Euro bezahlt. Die Besitzerin legt einen Zehn-Euro-Schein auf den Tisch.

Ihre Entscheidung ist juristisch gedeckt: Jeder Gastronomiebetreiber in Deutschland hat das Recht, frei darüber zu entscheiden, wen er als Gast bewirtet und wem er den Zutritt verwehrt. Ebner-Steiner und ihre Begleiterin trinken aus und gehen.

Weniger eindeutig ist die politische Bewertung dieses Rausschmisses. Die AfD wurde bei der Bundestagswahl 2017 von 5.878.115 Menschen gewählt. Fast jeder zehnte Wahlberechtigte in Deutschland ist ein Anhänger der Partei. Auf der politischen Bühne grenzen sich die anderen Parteien von der AfD ab. Aber wie soll die demokratische Gesellschaft mit AfD-Anhängern im Alltag umgehen? Was macht ein Fußballtrainer, wenn ein AfD-Anhänger seinen Sohn bei ihm in der F-Jugend anmeldet und die Eltern der anderen Spieler murren? Wie weit reicht die Toleranz für Andersdenkende, wenn Andersdenken bedeutet, dass man sich die Schließung der Grenzen wünscht, um Deutschland vor unqualifizierten Asylbewerbern zu schützen? Soll man die Ebner-Steiners ausgrenzen, eben weil sie selbst für Ausgrenzung sind? Was richtet den größeren Schaden an: ihr die Forelle zu servieren oder sie ihr zu verweigern?

Die Betreiber der Goldenen Bar haben sich entschlossen, den Vorfall nicht zu kommentieren. Sie sagen nicht, aus welchem Land der junge Mann kommt, der Ebner-Steiner nicht bedienen wollte, sie lassen den Shitstorm über sich ergehen. Sie stellen sich nicht der Debatte. Sie schweigen.

Ebner-Steiner sagt, sie wolle davon absehen, den Rausschmiss juristisch anzufechten. Im Gegenteil: Sie schließe nicht aus, dass sie wieder in die Goldene Bar gehe. "Ein ganz besonderes Angebot für AfD-Mitglieder gibt es aktuell in der 'Goldenen Bar' in München!", postet sie am Tag nach dem Vorfall bei Facebook, "Getränke kostenlos und dann nochmal 10 EUR Bargeld beim Verlassen der Bar. Am besten den AfD-Ausweis vorlegen!" Das Erlebnis in der Goldenen Bar sei "erneut ein Mosaikstein", der ihr vor Augen geführt habe, "dass unser Land komplett aus den Fugen geraten ist", schreibt sie.

Sie erhält bald Unterstützung. "Wo in aller Welt leben wir inzwischen ...", empört sich Erika Steinbach, die ehemalige Präsidentin des Bundes der Vertriebenen. Gleichgesinnte Kommentatoren in den sozialen Netzwerken sind weniger zimperlich. Sie setzen Ebner-Steiners Rauswurf mit der Judenverfolgung gleich.

[–]tansim 1 insightful - 1 fun1 insightful - 0 fun2 insightful - 1 fun -  (0 children)

reeeeee die Rächten spalten die Gesellschaft!